18. August 2025
Angeborener Mutterschutz Heranwachsende Säugetiere führen eine parasitäre Lebensweise. Alles was sie an Nährstoffen brauchen, holen sie sich von der Mutter. Dazu gehört auch der Aufbau des Skeletts, wofür große Mengen an Kalzium benötigt werden. Vor der Geburt holt sich der Fötus diesen Baustoff direkt von der Mutter. In den ersten Monaten nach der Geburt ist dann Muttermilch die alleinige Quelle für Wachstum und Entwicklung. Um den zusätzlichen Nährstoffbedarf zu decken, greifen Mütter ihre Substanz an und entziehen dem eigenen Skelett Mineralien. Bei Menschen und Haustieren kommt es dadurch zu einem Verlust der mütterlichen Knochensubstanz, ein kostspieliger Prozess, der erst dann ausgeglichen wird, wenn der Nachwuchs entwöhnt ist. Wie Wildtiere mit diesem Problem umgehen, ist bislang nicht bekannt. Können sie sich den kostspieligen Mineralstofftransfer von der Mutter zum Nachwuchs überhaupt leisten? Und wenn ja, wie vermeiden sie, dass der Abbau körpereigener Baustoffe nicht zum riskanten Verlustgeschäft wird? Bei Bonobos und anderen Menschenaffen vergehen Jahre, bis die Jungen sich selbst mit Futter versorgen können und es drängt sich die Frage auf, wie Mütter auf die ausbeuterische Strategie der Nachkommen reagieren. Der Ab- und Aufbau von Knochensubstanz hinterlässt Spuren und kann anhand bestimmter Markersubstanzen, die im Urin ausgeschieden werden, ermittelt werden. Messungen dieser Substanzen im Urin von schwangeren und säugenden Bonobomüttern, die im Wald von LuiKotale leben, ergaben erwartungsgemäß, dass im letzten Drittel der Schwangerschaft die Werte des Markers für den Knochenabbau ansteigen. Nach der Geburt waren die Werte jedoch niedriger als am Beginn der Schwangerschaft, ein Ergebnis was darauf hindeutet, dass Mütter sich gegen den weiteren Abbau der eigenen Knochen schützen können ( https://doi.org/10.1017/ehs.2025.10013 ). Mütter tragen ihre Kinder während des ersten Lebensjahres ständig mit sich herum und haben sie auch bei anspruchsvollen Kletterpartien in den Bäumen dabei. Unter solchen Bedingungen ist physische Leistungsfähigkeit gefragt und der Schutz vor Verlusten der Knochenmasse erscheint durchaus plausibel. Welcher Mechanismus den Knochenabbau der Mutter schützt, ist derzeit noch ein Rätsel. Congenital maternal protection Growing mammals lead a parasitic lifestyle. They get all the nutrients they need from their mother. This includes building the skeleton, which requires considerable amounts of calcium. Before birth, the fetus obtains this building material directly from the mother. In the first few months after birth, breast milk is the sole source for growth and development. In order to cover the additional nutritional requirements, mothers draw on their own reserves by extracting minerals from their own skeleton. In humans and domestic animals, this leads to a loss of maternal bone substance, a costly process that is only compensated for when the offspring are weaned. How wild animals deal with this problem is not yet known. Can they even afford the costly transfer of minerals from mother to offspring? And if so, how do they prevent the breakdown of endogenous building materials turning into a loss-making business? In bonobos and other great apes, it takes years before the young are able to provide themselves with food and the question arises as to how mothers react to the exploitative strategy of their offspring. The breakdown and build-up of bone substance leaves traces and can be determined on the basis of certain marker substances that are excreted in the urine. Measurements of these substances in the urine of pregnant and lactating bonobo mothers living in the LuiKotale forest showed, as expected, that the values of the marker for bone resorption increase in the final phase of pregnancy. After birth, however, the values were lower than at the beginning of pregnancy, a result that suggests that mothers can protect themselves against further degradation of their own bones ( https://doi.org/10.1017/ehs.2025.10013 ). Mothers carry their offspring with them constantly during the first year of life and do so when executing demanding climbs in the trees. Under such conditions, physical performance is particularly in demand and protection against bone loss therefore seems quite plausible. While this offers a reasonable - albeit hypothetical - answer, the mechanism that protects the mother against bone loss is still a mystery.